Mtirala Nationalpark – Der Weg ist das Ziel

Und weiter geht die Reise in den Mtirala Nationalpark kurz vor Batumi. Wir folgen von Ureki eine Weile lang der Straße am Meer entlang, eben und schnurgerade. Dann plötzlich verändert sich die LAndschaft komplett. Eben noch befinden wir uns auf gleicher Höhe mit dem Meer, einige Palmen säumten zwar unseren Weg, aber davon abgesehen ist auch in Georgien der Spätherbst angebrochen. Die Bäume haben ihre Blätter weitgehend verloren, die verbliebenen sind nur noch gelbe und rote Sprenkel auf den beinahe nackten Ästen. Im nächsten Moment befinden wir uns auf dem Weg in eine kleine Berglandschaft mit immergrünen Bäumen und  von ihnen herabhängenden Sukkulenten. Überall finden sich Rhododendren teils noch blühend. Übervoll hängen die  mit glänzenden sattgrünen Blättern besetzten Mandarinenbäume mit Früchten. Karg ragen die dunklen Äste der Khakibäume in den Himmel, über und über besetzt von roten überreifen Früchten. Das Klima hat sich schlagartig von gemäßigt warm zu feuchtwarm verändert. Wir befinden uns in den Subtropen. In Vietnam sah es nicht viel anders aus.


In dem kleinen Straßendorf, von dem der Weg in den rund 25km entfernten Nationalpark abbiegt, finden wir den ersten Supermarkt seit Wochen, der mehr als nur Grundnahrungsmittel führt und füllen unsere Bestände mit all dem auf, was wir vermisst haben: Kaffee, Kekse, Butter, Milch, Käse, Bier, Toilettenpapier, Küchenrolle und wie durch ein Wunder ein großes überteuertes riesiges Glas Nutella. Dann machen wir uns auf, nicht ahnend, dass wir unser Ziel heute nicht mehr erreichen werden. Alle Menschen, inklusive der einzigen Person im Visitor Center, die Sekretärin mit Deutschkenntnissen, die wir bisher zur Maggitauglichkeit der Straße befahren haben,waren überzeugt davon, dass wir hinauf kommen. Dabei beziehen sie sich sicherlich auf die robust aussehenden Reifen, die von der Geländetauglichkeit des MAggi sprechen. Was sie vergessen haben ist, dass der kleine Maggi nicht nur knapp 6 Meter lang, sondern auch fast 4 Meter hoch ist, was bei zugewachsenen schmalen Wegen auch schonmal ziemlich knapp werden kann.


Nun denn, ausgestattet mit einem an eine Kinderzeichnung erinnernden Plan des Nationalparks fahren wir viele Kilometer wir eine schmale, aber frisch asphaltierte Straße entlang, vorbei an gepflegten Gärten mit Feigen-, Khaki- und Mandarinenbäumen und Blick auf den neben uns herströmenden Fluß. Dann beginnt das Gelände leicht anzusteigen und zwei Ecken weiter wird aus der asphaltierten Straße ein Erdweg, nicht besonders matschig, aber deutlich schmaler als die bisherige Straße. Wir kämpfen uns wacker weiter, auch wenn mir einige Mal der Atem stockt, wenn die Straße gerade noch so breit ist wie der Maggi und plötzlich vor uns ein kleiner Strom WAsser eine Rinne in den Weg gefressen hat, Robert den Maggi aber dennoch Zentimeterweise an dem Abhang vorbeisteuert oder um eine vom Wasser ausgespülte Kehre Haarnadelkurve biegt. Als die Straße so schmal wird, dass jede weitere Verengung uns zum Umkehren zwingen muss, kommt eine weitere Hürde hinzu. Die Bäume am Rand der Straße bilden Äste aus, die nach unten hängen und ein ums andere Mal müssen Robert und ich aussteigen und die Äste über die ausgebauten Wassertanks auf dem Maggidach und das fragile Plastikdachfenster heben. Dann stehen wir plötzlich vor einer Brücke über den Fluß, ohne Maximallastangabe und ohne Geländer. Stahlplatten liegen über einer Eisenkonstruktion, deren Träger ebenerdig in das Gelände gerammt wurden.  Das Ganze sieht zwar irgendwie ganz ordentlich aus, aber mit allem drum und dran wiegt der Maggi fast 9 Tonnen und wir haben schon begriffen, dass die Straße nicht für einen LKW dieses KAlibers gemacht ist. Warum also sollte die Brücke für einen wie den MAggi ausgestattet sein?


Als wir noch rätseln, ob wir die Fahrt wirklich wagen sollen oder uns geschlagen geben, und umkehren, kommt uns ein Jeep mit Anhänger und drei Männern entgegen, die lachend anhalten als wir ihnen winken. Alle drei springen sofort heraus, begutachten den Maggi, stellen die üblichen Fragen (4Radantrieb? Wieviel Dieselverbrauch? Wie teuer? Wie alt?) und versicherun uns mehrfach, dass die Brücke 20 Tonnen trage. Wir beschließen ihnen zu vertrauen. Sicherheitshalber besteigen wir beide den Maggi, damit wir wenigstens zusammen ins Flußtal stürzen falls die Männer nicht recht behalten. Aber siehe da, die Brücke trägt. Vor lauter Aufregung haben wir vergessen, Fotos zu machen. DAs holen wir auf dem Rückweg nach.

Ein neues Problem stellt sich ein. Es dämmert und ohne Sicht können wir die Straße nicht befahren ohne das Risiko einzugehen, seitlich in eine der unterspülten Rinnen zu kippen. Das wäre nicht das Ende der Welt, aber würde doch einiges Ungemach nach sich ziehen. Also nutzen wir die Gelegenheit, als wir endlich eine kleine moosbewachsene Fläche zu unserer Linken ausmachen, die groß genug für den Maggi ist.


Am nächsten Morgen setzen wir unsere Fahrt fort und siehe da, es wären nur noch 10 Minuten gewesen bis zur Rangerstation. Einmal mehr finden wir dort niemanden vor, der uns Auskunft geben könnte, wo und ob wir mit dem Maggi dort stehen bleiben können. Nur einige Bauarbeiter, die in den kommenden drei Tagen mit 6-8 Mann ungefähr 4 Meter einfachen Holzzaun zurechtzimmern, sind vor Ort. Immerhin, wir können dort stehen bleiben und so fährt Robert den Maggi auf einen kleinen Buckel an der Straße und da stehen wir dann 3 Tage mit wunderbarem Grünblick.

Wir unternehmen mehrere Wanderungen, zu einem Wasserfall, einem kleinen smaragdfarbenen See, in den wir, wäre es etwas wärmer, gerne hineingesprungen wären, besteigen erst den einen, dann den anderen das Tal umgebenden Berg und freuen uns über die schöne kaum besiedelte Landschaft. Wie bereits öfters machten wir uns den Hund vor Ort schnell zum Freund, so dass er uns bei einer der Wanderungen sogar begleitet. Sehr zum Mißfallen seines Herrn. Zum allerersten Mal ist uns Abends ein wenig langweilig, es gibt nichts zu tun. Ich klimpere ein wenig auf der mitgereisten Gitarre und Robert erzählt dem Hund Geschichten.

Am zweiten Tag begegnen wir zwei jungen Frauen, die eine aus Belgien, die andere aus Lettland, die derzeit in Georgien arbeiten und den Sonntag für einen kleinen Ausflug in den Nationalpark nutzen. Sie fragen uns nach den Gründen für unsere Reise aus, wir sie nach den Motiven dafür, in Georgien zu arbeiten. Es stellt sich heraus, dass die Belgierin für die bereits erwähnte EU Monitoring Mission arbeitet, die die Grenzen des Friedens von 2008 überwacht. Die andere leitet das Büro des schweizer Roten Kreuzes, das in Georgien wie sie sagt in der Hauptsache damit beschäftigt ist, Vermisste aus dem letzten Krieg zu suchen.

Wir sind uns einig, dass Georgien ein sehr verletztes Land ist. Im erzählen wird mir aber nochmals klar, dass ich die Situation der Georgier im Vergleich zu den Armeniern noch erträglich fand und berichte von unseren Erlebnissen aus Armenien.

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