
In Sobotka sind wir bei wunderschönstem Sonnenschein aufgewacht. Ro hat den Tisch draußen aufgebaut und wir Frühstücken ausgiebig. Sehr zur Freude einer vorbeiwandernden tschechischen Reisegruppe, die laut hmmm und ahhh rufend und lachend vorüberziehen.

Als sie später wieder vorbeikommen, sind wir immer noch da. Ro versteckt den hässlichen schwarzen Himmel im Fahrerhaus unter schönen bunten Tüchern, die er auf der Fusion von einem Berg alter Klamotten geklaubt hat und fixiert sie dann mit frisch abgeschälten Holunderbuschgerten. Ich übe fotografieren nah und fern, Vordergrund, Hintergrund scharf usw. Da kommt ein Tscheche um die Ecke gebogen und spricht uns auf Deutsch an. Er sei in Tegel in den 7oer Jahren auch Magirus gefahren. Die seien unkaputtbar. Das haben wir nun schon öfter gehört und versichern, dass auch wir fest daran glauben. Er ist auf einem Ausflug mit seiner Frau und froh, einen Gesprächspartner gefunden zu haben. In der nächsten Stunde erfahren wir, dass er lange in Berlin gelebt und gearbeitet hat, dass damals die Proteste gegen den Vietnamkrieg waren, die ihm sehr imponiert haben. Dass es heutzutage keine vergleichbaren Proteste gebe, obwohl wir gerade im Begriff seien uns von den Amerikanern in einen Krieg gegen Russland treiben zu lassen. Dass Joschka Fischer uns vor einem Krieg im Irak bewahrt habe. Dass niemand Krieg wolle, ausser die Amerikaner.
Und dann spult er das ganze Programm rechter Parteien herunter. Dass Europa fest im Griff der USA sei, dass die USA alles tue was die Juden ihnen diktierten. Dass Obama jeden Tag in Israel anrufen müsse, um sich Anweisungen abzuholen. Wir werden immer unruhiger und wollen uns das alles nicht weiter anhören, aber wo anfangen mit der Gegenrede? Wie lange wollen wir hier stehen? Wie ernsthaft wollen wir uns streiten? Letzten Endes lassen wir alles über uns ergehen. In einem Punkt stimmen wir dann schließlich auch zu: die meisten Menschen wollen einfach in Ruhe leben und keinen Krieg haben. Krieg ist ein Instrument der Politik, um Innenpolitische verfehlungen zu kaschieren und den Staatshaushalt zu sanieren. Und das ist auch klar, Krieg zetteln nicht die langhaarigen Kiffer oder die zu kurz gekommenen Bauern an. Die gefährlichen Menschen tragen Anzug und Krawatte.

Wir statten dem Jadschloss Humprecht einen kurzen Besuch ab, genießen einen wunderschönen Rundblick für unser Ticket „2. Stock, keine Fotos“, dessen Einhaltung von einer jungen Frau überwacht wird (Robert entwischt ihr natürlich im 1. Stock kurz und weiß jetzt doch, wie es im 1. Stock aussiehtt) und fahren weiter nach Hradek Kralove, Königgrätz. Dort fließen Orlice und Elbe zusammen. Die Stelle, an der beide zusammenfließen sieht sehr schön aus, da die beiden Flüss eunterschiedliche Wasserfarbe haben. Um die Ecke steht ein großes altes Wasser- oder Hebewerk. Wir halten es zuerst für eine Markthalle, dann sehen wir die Enten auf der abfallenden Wasserkante spazieren gehen und realisieren, dass das Wasser hier um fast 2 Meter abfällt. Mal ehrlich, wer hat schon vom Fluß Orlice gehört? Wir nicht, obwohl er hier in Königgrätz fast genauso breit und wuchtig ist wie die Elbe.
Wir lassen den Dicken notgedrungen vor den Toren der Stadt stehen, denn in die meisten tschechischen Städte dürfen Lastwagen nicht hineinfahren und laufen bei strömendem Regen aber gut gelaunt in die Innenstadt.Hier sieht man natürlich gleich den Regenstellplatz und nicht die Altstadt, die haben wir vergessen zu fotografieren….
Königgrätz hat eine sehr hübsche sanierte Altstadt und offensichtlich viele Studenten, die oft und gerne in Cafes und Kneipen gehen. Wir kaufen sehr leckere Wurst und tschechische Hörnchen und essen Hirsch mit Hagebuttensosse und Knödeln. Dazu lässt es sich nicht vermieden, dass wir ein Glas Wein trinken, was später dazu führt, dass Robert ein Nickerchen im Magirus macht, damit er nicht mit dem 0 Promille Gesetz in Konflikt gerät, während ich schreibe.

Uiuiui, wie schwer es ist, ihn später wieder aufzuwecken, es dauert lange, bis er die Augen öffnet und brummend den Dicken startet.
Ich hatte mir ausgedacht, durch das Orlice Tal zu fahren, es sah nett aus auf der Landkarte. Auf dem Weg dorthin gibt es einen großen Stadtwald, ähnlich dem Grunewald, so hatte ich es mir auf jeden Fall ausgemalt. Dorthin wollen wir fahren und uns einen Übernachtungsplatz suchen. Und dort finden wir ihn auch, allein, wir tun beide kaum ein Auge zu in dieser Nacht, denn es regnet und regnet und regnet und das Dach ist immer noch nicht richtig dicht und wir stehen unter großen alten Bäumen, die bekanntlich auch dann noch weitertropfen, wenn es gerade nicht regnet.
Am nächsten Morgen sind wir froh, diesen Ort verlassen zu können und weiterzufahren. So kann es gehen, am einen Tag völlig unerwartet im Sobotka Paradies, am nächsten entgegen aller Erwartung in der Waldtropfhölle.