Nach einem verregnten Bergausflug in die beeindruckenden Ruinen von Arykanda, wo wir sicher den ganzen Tag verbracht hätten, wären wir nicht so schnell so patschnass gewesen, beginnen wir mit der Suche nach einem schönen Örtchen an dem wir Sylvester feiern können. Wir wählen eine Bergstrecke statt des direkten Weges und werden mit kargen Bergdörfern und karstigen Bergrücken und verwunschenen Tälern, die sich mit dichten duftenden Pinienwäldern abwechseln, belohnt.
Dann, am frühen Abend, begutachten wir meine erste Wahl für den Jahreswechsel, eine Bucht bei Kas. Die Bucht ist wunderschön, aber von der Straaße aus direkt einsehbar, winzig und bewirtschaftet. Keine Chance für den Maggi. Weiter also zur nächsten Bucht. Überspült und nicht befahrbar. Also auf nach Kalkan. Das soll die idyllische kleine Schwester von KAs sein. Wir fahren eine wunderschöne einsame Küstenstrasse entlang, von der aus man die ersten griechischen Inseln im Meer liegen sieht. Ab und an spritzen die Wellen direkt vor und manchmal auch neben uns bis auf die Strasse hoch. Die Gischt des aufgewühlten Meeres liegt in der Luft, aber die Sonne scheint.
Die Idylle von Kalkan liegt wohl auch schon einige Jahre zurück, das Dörfchen scheint schnell gewachsen und fest in touristischer Hand. Also weiter nach Patara. Auch hier scheinen wir erst kein Glück zu haben, folgen dann aber einem Hinweis unseres Reiseführers und landen bald an einem der schönsten Orte, an denen wir seit langem gestanden haben. Direkt über der riesigen Düne von Patara unter Kiefern und mit einem phantastischen Blick nach allen Seiten.
Kaum haben wir den Maggimotor abgestellt, halten auch schon ein paar junge Türken neben uns, packen die Whiskyflasche aus und die Cola und stellen Musik an. Wir gesellen uns schnell hinzu, werden zum Whisky eingeladen und weil es kalt ist, setzen wir uns alle zusammen in den Maggi und erzählen uns etwas. Sehr guter Sylvesterabendbeginn!
Nachts um 12 stossen wir an, glücklich nicht nur über den schönen Standplatz, sondern überhaupt darüber losgefahren zu sein, diese Zeit zusammen zu verbringen und auch darüber, so gerne beisammen zu sein, so viele Menschen kennenzulernen und die Freiheit des Reisenden zu genießen, der jeden Tag einen neuen Ort sein zuhause nennen darf. Und nicht zuletzt freuen wir uns über die schöne Musik, den Mond, die Sterne und die kleinen Tischfeuerwerke, die Robert noch aus dem letzten Jahr übrig hatte.
ÜberhaUpt entedecke ich langsam meine Musikleidenschaft wieder. Ich weiß nicht mehr ob ich schon davon geschrieben hatte, aber endlich kann ich es wieder genießen, einfach stundenlang der Musik zuzuhören. Das war mir völlig verloren gegangen und ich bin froh, dieses Hobby wieder zurückgewonnen zu haben.
Patara und die schöne Düne haben es uns angetan und schwupss sind wieder fünf Nächte vergangen, in denen wir den Kilometerlangen Sandstrand herauf und herunter flaniert sind, die Düne von oben und unten von Westen und Osten durchwandert haben und uns die Ruinen von Patara angeschaut haben. Nachts hat es einige Male so gestürmt, geblitzt und geregnet, dass wir dachten der Maggi fällt um, aber nur an einem der Tage regnet es tagsüber stark. In einer Regenpause gehen wir trotzdem los und bewundern, wie der Wind die Spitzen der brechenden Wellen davonweht. An diesen Wellenfeen können wir uns lange nicht sattsehen, irgendwie ist das ein magischer Anblick, das Meer wirkt lebendiger denn je.
Festzuhalten bleibt auch, dass ich vor ca 15 Jahren schon einmal in Patara war. Auch damals habe ich es als einen der schönsten Orte der Türkei empfunden, aber ich schwöre, das Theater war zwar damals schon da, aber von dem Odeion direkt daneben, das beinahe ganz „erhalten“ und mit schicken Holztüren und Glasüberdachungen über wichtigen Ausgrabungsergebnissen versehen ist, war damals nichts zu sehen. Wo sie das wohl hergezaubert haben?
Am vorlezten Abend lernen wir nochmals zwei junge Türken kennen, die zum Whiykeytrinken kommen, weil der eine gerade ein Grundstück gekauft hat. Die beiden gefallen uns und sie sprechen Englisch. So erzählen wir einige Stunden und trinken zusammen Wiskey. Erstmals treffen wir ausserhalb Istanbuls junge Menschen, die offen Kritik an der konservativen Regierung haben und darauf hoffen, dass sich die politischen Verhältnisse bald wieder ändern mögen. Und das nicht nur, damit der Whiskey wieder billiger wird, sondern auch, weil sie trotz aller Gastfreundschaft Weltoffenheit vermissen und sich eine säkulare Gesellschaft wünschen, was die Türkei leider trotz Atatürk auch aus unserer Sicht nicht ist, unter Erdogan eigentlich weniger den je.
Einer von beiden ist mit einer Griechin liiert, die Luftlinie keine 80km entfernt auf Rhodos lebt. Er hat ihr Herz erobert, als er nachdem er versprach, er werde alles daran setzen zu ihr zu kommen, bei Nacht mit seinem Wasserscooter die 80m km zurücklegte. Und das bei rauer See und wissend, dass sein Tank kaum mehr als die 80km Sprit fasst. Sein Glück, dass ihn ein Boot mitnahm, nachdem sein Scooter im Sturm auf offener See kein Benzin mehr hatte. Noch dazu ist die Türkei, wir erinnern uns, kein Mitglied der EU und somit hat der junge Mann ohne Pass und Visum illegal die Grenze überschritten. Übrigens ist er bei besserem Wetter auf dem gleichen Weg zurück gefahren. Natürlich haben alle, die ihn liebten gehörig mit ihm über diese Dummheit geschimpft, aber romantisch ist es doch irgendwie. Die beiden sparen noch und wollen dann eine große Reise nach Australien machen. Schön!