Auf dem Weg zurück von Uzuncaburc durchfahren wir noch einmal Silifke und fahren dann gen Westen die Mittelmeerküste entlang mit vorläufigem Ziel Antalya. Eva war schon einmal dort vor etwa 17 Jahren und erinnert sich an die hübsche kleine Altstadt, die Teppichhändler, den Hafen. Nicht so gerne an den türkischen Ex-Boxer, der damals versuchte, sie um 500DM zu erleichtern, um seine Schulden zu begleichen, was nur durch einen glücklichen Zufall verhindert werden konnte.
Die Sonne scheint und wir freuen uns auf ein Bad im Mittelmeer. Bald halten wir an der Straße um einen Anhalter mitzunehmen. In den Maggi steigt ein Rucksackreisender, etwa Mitte 30, Finne, von Kopf bis Fuß schwarz gekleidet, die Kapuze über den kurzgeschorenen Kopf gezogen und ein grünes Palästinensertuch darum herum gewickelt. MAn könnte meinen, es würde draußen frieren, dabei ist das Thermometer auf über 20 Grad geklettert. Noch bevor wir uns vorstellen hängt sein Tablet bereits an unserer Radiokassettenkonstruktion und gibt scheppernd eine Playlist aus Metal-, Folk- und HipHopmusik von sich. Diese Playlist sollen wir im Folgenden noch oft hören, so lange bis Eva androht, das Ding aus dem Fenster zu werfen, wenn sie noch einmal den Song Big City Life hören muss.
Etwa 10 Tage wird uns Sami, so heißt der Finne, begleiten. Er reist ebenfalls seit Anfang September, war in Georgien um dort einen Freund zu besuchen und möchte nun nach Griechenland an einen ganz bestimmten Strand, an dem er einen Hund zum Freund gewonnen hat, den er nun auf seine weitere Reise mitnehmen möchte. Eigentlich schläft er immer draußen am Strand unter freiem Himmel, aber schon zwei Tage später findet er es doch ganz angenehm im Maggi zu übernachten. Uns ist es recht.
Wir haben nach den vielen Kulturzielen heute keinen besonderen Plan, entscheiden uns dann aber spontan, eine auf unserer KArte verzeichnete Ausgrabungsstätte zu besuchen in Aphrodisias. Auf der Karte sieht das ganz einfach aus, von der Hauptstraße abbiegen und schwupp ist man da. Tatsächlich muss sich der Maggi, nachdem wir aufgrund von Bauarbeiten entgegen der Fahrtrichtung eine un beschilderte Auffahrt entlang von der Schnellstraße abgefahren sind, eine steile Bergstraße emporkämpfen, nur um auf der anderen Seite wieder herabzuschnurren.
Bei Ankunft wird uns ganz anders. Aphrodisias liegt zwar sehr schön an zwei Buchten, aber das ganze Dorf ist mit einheitlichen weißen Reihenferienhäusern bebaut, die um diese JAhreszeit leer stehen. Eine Geisterstadt. Noch dazu ko9mmen wir nicht richtig an die Bucht, so dass wir den Maggi auf einem Parkplatz am Wasser abstellen. Kaum steht er, reißt Sami auch schon die Tür auf und rennt auf der Suche nach Bier in das einzige geöffnete Restaurant vor dem wir zufällig geparkt haben.
Sami meint, in Lappland, wo er seit einiger Zeit lebt, gibt es nichts zu tun ausser Computer zu spielen, Rentiere zu züchten und Alkohol zu trinken und es sei völlig normal zu jeder Tageszeit Alkohol zu trinken. Wir teilen diese Meinung eher nicht, aber als er mit einem kühlen Bier um die Ecke biegt, schlagen wir nicht aus.
Ein fataler Fehler, denn der völlig überdrehte junge Mann, der in dem Restaurant die Stellung hält für seinen Chef, der später kurz auftaucht und in bestem Französisch ein paar Fragen an uns richtet (er hat lange am Empfang eines Club Mediterranee gearbeitet), hat ein paar zusätzliche Lira gerochen. Zwar ist eindeutig zu sehen, dass das Restaurant im Moment quasi stillgelegt ist und nur ein paar türkische Männer ihren Cay in der Abendsonne trinken, aber als Robert ihn fragt ob es Fisch zu essen gäbe, bejahrt er. Ruft seine beiden Kumpels an, die bringen weitere Biere mit und Fisch und Brot und viele Stunden später erhält jeder von uns 2 kleine – sehr leckere – gebratene Fische. Noch später, als es mir langsam sehr unwohl wird, weil ich den aufgedrehten Jüngling nicht mehr ertragen kann, der mich zwangsweise zu einem Tänzchen vom Stuhl zerrt, will ich mich ins Bett verdrücken. Da präsentiert er uns die Rechnung für 6 Fischlein, das bisschen Brot und 12 Bier. 200 Lira will er haben, das sind fast 80€. Unsere Laune geht in den Keller, die Jungs fordern zunehmend nachdrücklicher Geld ein. Sami tut so, als sei er ein bisschen verrückt und würde nicht verstehen worum es geht. Eine gute Strategie. Zähneknirschend entrichten wir schliesslich aber immerhin doch noch 130Lira und gehen mit dem sicheren Gefühl ins Bett, dass diese Aktion nicht nur überflüssig, sondern sogar ziemlich ärgerlich war.
Nur Sami hat noch nicht genug, im stockdunklen Dorf meint er, es müsse noch eine Party irgendwo geben. Am nächsten Morgen erfahren wir, dass er tatsächlich mit den Jungs noch losgezogen ist ins nächste Dorf, in irgendeine Bar, genau weiß er es nicht mehr. Wir wundern uns. Wir sehen zu, dass wir Aphordisias verlassen. Selbst die römischen Mosaike, die wir uns schön vorgestellt hatten und die der Anlass waren, nach Aphrodisias zu fahren, sind nicht der Rede wert. Also ab die Post.