26.12.2018 – 11.1.2019
Wer unsere beiden Hunde kennt weiß, dass sie halb Wild- halb Haushund sind. Sie tun alles, was gut erzogene Hunde nicht tun sollen. Sie bellen vom Fahrersitz aus jeden an, der in ihr Sichtfeld gerät, sie springen freundliche Menschen an, sie betteln am Tisch, sie springen aufs Sofa, sie kämpfen lautstark miteinander, sie ziehen an den Leinen, sir knurren fremde Hunde an. Am Schlimmsten ist aber, dass sie auch nach vier Jahren Training noch nicht gelernt haben bei uns zu bleiben, wenn sie ohne Leine laufen.
Sie jagen Vögeln, Ratten und sogar Ziegen hinterher. Robert schreit sich regelmäßig die Kehle wund, die Hunde hören nur widerwillig. Eva hat Wagenräder an Käseleckerlis verfüttert, auch das Belohnungsprinzip funktioniert nur nach Tageslaune. Wir haben alles probiert. Ignorieren, verstecken, belohnen, bestrafen. Codewörter. Wir haben in ruhigen Umgebungen geübt, in bekanntem und unbekanntem Terrain, mit Schleppleine und ohne, einzeln und zusammen. Ohne Erfolg.
Nun sind die beiden 4 Jahre alt und mit uns für die nächsten 18 Monate unterwegs. Schon nach wenigen Tagen ist klar, dass wir die zwei nicht 18 Monate lang an der Leine führen können oder ans Auto knoten. Und so beginnt bereits am zweiten Abend am Atlantik ein langsamer Prozess des Loslassens. Da die beiden auf kein Rufen und keinen Befehl hören, wenn sie mehr als 50 Meter entfernt sind, können wir solange wir wollen gegen den tosenden Atlantik anschreien. Sie hören uns nicht und sie kommen auch nicht zurück. Mit schwerem Unbehagen, wütend und enttäuscht laufen wir hinter den beiden Punkten am Strand her, die unsere Hunde sein müssen.
Nach zehn Minuten erscheint der erste wieder bei uns, wird ausgeschimpft und zack an die Leine gehängt. Experiment fürs Erste beendet. Nachdem auch Hund Nr.2 wieder aufgetaucht und angeleint ist, gehen wir in gedrückter Stimmung zurück zum Wagen. So geht es nicht.
Am nächsten Tag mit neuem Elan erneut freies Laufen an der Dune de Pila in Arcachon. Wie immer rasen beide Hunde wie wahnsinnig los, sobald wir den Karabiner der Leine lösen und sind schon kurz darauf nur noch am Horizont zu earahnen. Heute aber kommen sie schon nach 5 Minuten zurück. Erleichtert schauen wir uns an. Vielleicht wird es ja doch noch. Kurze Zeit darauf verschwinden beide im Wald hinter der Düne. Wir klettern hinterher, japsen und rufen, hilflos, sehen keinen der beiden mehr. Dann tauchen sie auf, so lebendig und gut gelaunt wie lange nicht. Geschimpft, Leine ran, zum Auto, angehangen.
Wir brauchen eine Pause. Wir werden die Tiere nie frei laufen lassen können. Frust auf allen Seiten.
Von da an machen wir viele kurze Versuche, wenn wir an Stränden sind, die wir gut überblicken können. Mit gemischten Resultaten. Mal haben sich beide Hunde in vergammeltem Fisch gewälzt und müssen mühselig abgeduscht werden. Mal verschwindet einer hinter einer Klippe und taucht erst Minuten später wieder auf, trotz wütendem Rufen. Mal kommt Thio auf den ersten Pfiff, aber Ena ignoriert jeden Ruf zugunsten eines gammligen Knochens, den sie am Strand gefunden hat. Mal kommt Ena von selber zurück und trottet hinter uns her, Thio aber rennt selbstvergessen wie Hans Guck in die Luft hinter einem Vogel her und kennt keinen Herrn und keine Heimat. Wir schimpfen, bangen, schmeicheln, loben. Jeder nach seinem Konzept: Eva lobt, Robert schimpft. Eva sagt, wir müssen vertrauen und ihnen Freiheit lassen, ist dann aber erschrocken, wenn die Hunde die Freiheit nutzen. Robert sagt, wir müssen zeigen wer der Herr ist, ist dann aber enttäuscht, wenn seine liebevolle Härte nicht mit freudigem Gehorsam quittiert wird.
Und doch, unsere Reiseart zwingt uns, nicht aufzugeben und weiter zu experimentieren. Langsam entwickelt sich eine neue Form des Vertrauens zwischen Hund und Mensch. Robert sagt, die Hunde werden nie hören. Eva sagt, aber mittlerweile sind wir sicher, dass sie wiederkommen. Am nächsten Tag hat Eva Mühe, Ena nicht vor Wut am Halsband auf dem Bauch durch die Steinwüste zu schleifen. Robert freut sich, dass Thio bei jedem zweiten Ruf auf seinen Namen hört.
Endlich finde ich Zeit, Euch zu schreiben, wie sehr ich auf Eure Reiseberichte warte und wie sehr ich mich freue, von Euch zu hören.
Dieser Bericht über die Hunde gefällt mir ganz besonders. Ich sehe die beiden über den Strand jagend und vor Freude bellend vor mir. Sie sind unglaublich schnell und toben mit einer ausgelassenen Freude, dass man am liebsten mitlaufen möchte.
Ich wünsche Euch ganz viel Freude in dem weitem unbekannten Land.
Mami/Maria
P.S. Jeden Bericht lese ich Dienstags Lotten vor und sie freut sich wie ich.
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Super! Die BriefmarkenfürLottensPostkarte tragen wir schon seit 2 Wochenherum. Allein, es fehlt noch eine Postkarte….Liebe Grüße an Euch!
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