Georgien – Batumi

Aus dem Mtirala Park kommend sehen wir schon von Weitem die Skyline und den Hafen von Batumi in dem riesige Fähren und Frachter ein und ausfahren. Das alte und das neue Batumi liegen unverbunden nebeneinander, so dass zu unserer Freude im Zentrum der aufgeschneckten Stadt direkt am Hafen eine Brache entstanden ist. Auf dieser Brache zwischen einem Uhrturm und dem Riesenrad „verstecken“ wir den Maggi hinter einem Bambusbusch und erkunden im Abendlicht das berühmte Seebad am Schwarzen Meer.

In Batumi steckt viel Geld; das von russischen Urlaubern und Investoren ebenso wie das von türkischen ImportExport Firmen. Internationale Hotelketten wie Radisson und Hilton haben der Stadt erst kürzlich mit riesigen Bettenburgen einen unauslöschlichen Stempel aufgedrückt und auf der verkehersberuhigten Flaniermeile speien Brunnen jeden Abend Wasser im Rhythmus der vom Tonband laufenden Musicalmelodien aus Cats und Les Miserables.


Die Stadt will hinter den Investoren nicht zurückstehen und baut wo sie kann bedeutungsschwangere Skulpturen und sinnentleerte Gebäude wie Uhrtürme im Zuckerbäckerstil, Goldene nackte Männer mit Neptundreizack oder futuristische Aussichtstürme mit Aufzug. Nachts leuchtet das alles natürlich in den schönsten Farben. In der kleinen Altstadt reihen sich zweistöckige Bürgerhäuser aneinander, teils saniert, aber überwiegend in schlechtem Zustand. Wo das Wasser allzu hartnäckig durch die Decken dringt wirde notdürftig mit altem Weißblech oder Wellpappe geflickt. Wo der Balkon schwankt, werden Stützen angebracht und wo der Stuck bröckelt, lässt man Wein darüber wachsen. Dadurch entsteht wie vor Jahren in Berlin ein bezaubernder maroder Charme. Jedenfalls solange man nicht wie der Bäcker auf den Bildern im Souterrain leben muss, wo privater Wohnraum und Bäckerei miteinander verschmelzen.

Das Brot kostet weniger als 30 cent und wird frisch im Steinofen gebacken. Während wir warten, sehen wir, dass der Zugang zum Souterrain sich unter der hälftig hochgeklappten Holztreppe zum Parterre befindet und dass die Matratze des Bäckers aus Platzmangel tagsüber dort an der Treffenabgangswand angebracht wird. Zwischen den Häusern der Altstadt ragen sanierte bis zu 10stöckige Plattenbauten auf, Hinterlassenschaften des Sozialismus, die, mit bunten Balkonverkleidungen versehen, und vor der Kulisse frisch gepflasterter Straßen und gepflegt beschnittener Buchsbaumsträucher nun freundlicher aussehen mögen als noch vor dem Fall des Eisernen Vorhangs. Auf dem Weg zurück zum Maggi fällt auf, dass es nur touristische und türkische Gastronomie gibt. Georgische Restaurants sehen wir gar nicht.

Dafür eine niederländische Schule für Demokratie und eine Gruppe von etwa 100 jungen Asiaten. Davon abgesehen ist in Batumi um diese Jahreszeit ziemlich tote Hose. Selbst die Souvenirstände sind überwiegend geschlossen und in den wenigen Cafes am Wasser sitzen vereinzelte Gäste in einem Meer von Plastikstühlen. Wir gesellen uns mit einer Flasche Rotwein zu den Fischern am Hafen und sind ziemlich sicher, ein astreines Schmugglergeschäft inkluisve bestochenem Polizisten beobachtet zu haben. Sicherheitshalber haben wir den Fotoapparat nicht ausgepackt, uzm das Geschehen festzuhalten. Am nächsten Morgen sehen wir beim Frühstück einem Taxifahrer bei der Wäsche seines Wagens mithilfe des Wassers aus einer großen Pfütze zu. Kusturica hätte die Szene nicht besser drehen können.

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